Rechtliche Infos für AktivistInnen

Die Gleichstellung in der Arbeitswelt stagniert trotz guter gesetzlicher Grundlagen. Es besteht grosser Handlungsbedarf, nicht nur bei der Lohngleichheit.

Was ist ein Streik?

Streik im engeren Sinne ist eine kollektive, in der Regel befristete oder doch länger dauernde Arbeitsniederlegung zur Durchsetzungen von Forderungen, die das Arbeitsverhältnis betreffen.

Neben dem Streik gibt es eine Reihe weiterer kollektiver Kampfmassnahmen: Protestpause, Dienst nach Vorschrift («Bummelstreik»), Unterlassung gewisser Arbeitsleistungen (z.B. Verzicht auf Ausstellen von Abrechnungen = «Bleistiftstreik»), Verweigerung der Benützung der Dienstkleider (z.B. farbige T-Shirts statt weisse Arbeitskleidung), Sit-in («Sitzstreik»).

Ist der Streik erlaubt?

Das Streikrecht ist seit 1999 ausdrücklich in der Bundesverfassung verankert. Dem Streikrecht steht dann eine Friedenspflicht entgegen, wenn ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) abgeschlossen wurde. In Bezug auf die im GAV geregelten Punkte besteht Friedenspflicht. Die Friedenspflicht bindet aber nicht die einzelne Person, sondern die Gewerkschaft, die den GAV abgeschlossen hat.

Ist der Frauenstreik erlaubt?

Nach wie vor sind Frauen in der Arbeitswelt in vieler Hinsicht diskriminiert. Der VPOD ruft daher zusammen mit den anderen SGB-Gewerkschaften zum Streik am 14. Juni 2019 auf.

Das in der Bundesverfassung verankerte Streikrecht berechtigt jede Frau, für die Beseitigung der Diskriminierung Kampfmittel einzusetzen wie Protestpausen, Kleiderstreik, Arbeitsniederlegung.

Gibt es Ausnahmen vom Streikrecht?

Wo der VPOD einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen hat, besteht von Gesetzes wegen die so genannte „Friedenspflicht“ zumindest für alle Fragen, die im GAV geregelt sind. In einigen GAV gibt es sogar eine umfassende, so genannt „absolute“ Friedenspflicht. Diese Friedenspflicht besteht für den VPOD – mit der Friedenspflicht können die Arbeitgeber zwar gegen den VPOD argumentieren, nicht aber gegen die einzelnen streikenden Frauen am 14. Juni.

Gemäss Verfassung kann das Streikrecht eingeschränkt werden, um überlebenswichtige Dienste (Einsatzbereitschaft von Rettungsdiensten, Feuerwehr, Polizei usw.) sicherzustellen - das wird jede streikende Frau selbstverständlich beachten.

Das Bundesgericht hat aber vor Kurzem in einem Urteil festgehalten, dass es nicht zulässig ist, ganzen Berufskategorien das Streiken generell zu verbieten; sie müssen jedoch die Versorgung ihrer Schutzbefohlenen gewährleisten.

In diesem Sinne ist es wichtig, dass Berufsgruppen mit Betreuungs- und Fürsorgeaufgaben sicherstellen, dass ihre Klientinnen und Klienten, ihre Patientinnen und Patienten oder die Kinder betreut sind – beispielsweise gemäss Sonntagsdienstplan oder durch die männlichen Kollegen.

Kann das Mitmachen beim Frauenstreik Nachteile nach sich ziehen?

Streik und Kampfmassnahmen sind legal – aber natürlich kann es sein, dass einzelne Arbeitgeber Druck und Sanktionen einsetzen wollen, auch wenn sie das eigentlich gar nicht dürfen. Das ist immer so, wenn Menschen sich für ihre Rechte wehren. Aber nur wenn wir uns wehren, können wir Fortschritte erzielen, und nur weil viele Frauen vor uns sich gewehrt haben, wurden Frauenstimmrecht, Gleichheitsgrundsatz in der Bundesverfassung, Gleichstellungsgesetz usw. überhaupt je möglich.

Die Erfahrung des Frauenstreiks von 1991 hat klar gezeigt: Je mehr Frauen sich beteiligen, desto kleiner ist das Risiko. Wenn wieder Zehntausende, Hunderttausende in irgendeiner Form den Frauenstreik unterstützen, wird kaum ein Arbeitgeber es wagen, zu Repressionen zu greifen und sich in dieser Form als Gegner von Gleichstellungsanliegen exponieren.

Welche Hilfe bietet der VPOD, falls der Streik Folgen haben sollte?

VPOD-Mitgliedern, welchen aus der Teilnahme am Frauenstreik Nachteile erwachsen, gewährt der VPOD-Rechtsschutz, gewerkschaftlich und wenn nötig anwaltliche Intervention und Kostenübernahme.

Bei Lohnkürzungen aufgrund der Streikteilnahme erhalten die Mitglieder Streikgeld gemäss den Bestimmungen des Reglements.